Predigt vom Diakon Horst Dany – 2013

Liebe Schwestern und Brüder im gemeinsamen Glauben an Jesus Christus,

sicher kennen einige von Ihnen die politische Satiresendung „heute show“, die Freitagabend im ZDf ausgestrahlt wird. Da werden die Kommödien, die unsere politischen Parteien und ihre Protagonisten aufführen zu Lachnummern verarbeitet und jeder bekommt da, salopp gesagt, sein Fett weg. Natürlich bleibt auch die katholische Kirche nicht verschont. Allerdings sind ihre Aufführungen in letzter Zeit eher Tragödien und bieten daher mehr Grund zum Weinen als zum Lachen.
So auch in der Sendung vor einigen Wochen, als die unterlassene Hilfeleistung, bei einer mutmaßlich vergewaltigten Frau, durch zwei Krankenhäuser unter katholischer Trägerschaft Schlagzeilen machte.
Da antwortete der Generalvikar des Erzbistums Köln auf die in diesem Zusammenhang an ihn gerichtete Frage: „Was hätte denn Jesus getan?“ nach einigem Zögern „…nun, Jesus war kein Mediziner!“
Was für eine erbärmliche Antwort. Ich glaube, nein ich bin mir sicher, jede oder jeder von uns, hätte auf diese Frage eine andere, eine bessere Antwort gegeben.
Liebe Mitchristen, gerade das heutige Evangelium beantwortet uns die Frage: was hätte Jesus getan? ganz eindeutig.
Wir kennen die Erzählung, die uns alle drei Jahre am gleichen Sonntag vorgetragen wird. Die Schriftgelehrten und Pharisäer, die für Recht und Gerechtigkeit stehen, wollen Jesus wieder einmal auf die Probe stellen um, wie es heißt: einen Grund zu haben, ihn zu verklagen.
Und sie haben zweifellos Recht. Die Strafe für eine treulose Braut war nach biblischen Gesetz die Steinigung, die Strafe für eine treulose Ehefrau war die Erdrosselung. Für den Mann waren übrigens dieselben Strafen vorgesehen und niemand hat nach damaligem Empfinden die Berechtigung und die Angemesssenheit der Strafe angezweifelt.
Jesus mag aber offensichtlich diesen selbstgerechten Vertretern des Rechts nicht in die Augen sehen, er bückt sich und schreibt scheinbar unbeteiligt in den Sand. Seine Haltung macht deutlich, hier darf es nicht um Macht und Konfrontation gehen. Hier geht es nicht ums Rechthaben.
Als die Rechthaber aber nicht locker lassen, sagt Jesus den alle entscheidenden Satz: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie!“
Jesus kommentiert nicht das Recht, er setzt es auch nicht außer Kraft, aber er provoziert die Menschen die das Recht anwenden und vollstrecken wollen.
Prinzipien sind immer richtig, solange sie nicht angewandt werden müssen. Sie sind meistens problematisch, wenn sie auf das gelebte Leben treffen und darin angewandt werden sollen.
Recht muß Recht bleiben! Aber, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, allein die Barmherzigkeit kann den Menschen auffangen. Beides zueinander ins Verhältnis zu bringen – Recht und Barmherzigkeit – ist die Herausforderung des Evangeliums an uns alle, auch an die Leitung unserer Kirche.
Solange unsere Kirche nur mit Skandalen und lebensfernen Entscheidungen Schlagzeilen macht tritt ihr Auftrag, die Botschaft Jesu den Menschen zu verkünden, vollkommen in den Hintergrund. Es ist höchste Zeit, die Schönheit und Lebensnähe unseres christlichen Glaubens wieder zum strahlen zu bringen.
Jesus kam als Heiland in diese Welt. Das heißt: er will die Menschen heil machen an Leib und Seele. Mit seiner Botschaft will er uns nicht das Leben schwer machen sondern erleichtern und Hilfe geben zu einem gelingenden Leben. Und er hat gesagt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! (Mt 9,13)
Schwestern und Brüder, als Seelsorger gehe ich oft an dem schmalen Grat entlang, der zwischen Recht und Barmherzigkeit liegt und ich weiß manchmal nicht, ob ich in den einen oder anderen Abgrund falle. Es gibt schlimme Lebenssituationen die ich menschlich gut verstehen kann, die aber dennoch durch nichts zu rechtfertigen sind.
In diesen Begegnungen hilft mir oft die Frage: was hätte Jesus getan? Dann erinnere ich mich an das zukunftsweisende Wort Jesu aus dem heutigen Evangelium: „Ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr.“
Nichts wird beschönigt. Was Sünde ist bleibt Sünde. Aber dem Sünder wird eine Zukunft eröffnet. Er darf weiterleben, darf weitergehen, allerdings um den Preis der Umkehr.
Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein, dieser von Jesus im heutigen Evangelium gesprochene Satz provoziert auch uns. Stellen wir uns nicht auf die Seite der Rechthaber sondern seien wir barmherzig, auf das auch wir Barmherzigkeit erfahren.
 
Liebe Mitchristen, wir haben einen neuen Papst. Was ist nicht alles in den letzten vier Tagen schon über ihn und von ihm gesagt und geschrieben worden. Berufene und Unberufenen haben schon das Programm für sein gesamtes Pontifikat entworfen. Gestern las ich: Papst der Armen!
Es gehört schon immer zum Wesen der Kirche für die Armen einzutreten, so wie es auch am heutigen Misereor- Sonntag geschieht. – Ich möchte jedoch den Begriff „arm“ etwas erweitern. Auch in unserer Glaubensgemeinschaft, der katholischen Kirche, gibt es Arme.
Es sind Menschen, deren Lebensentwürfe gescheitert sind und denen daraufhin seitens der Kirche das Brot des Lebens, die Heilige Kommunion, verweigert wird. Es sind Menschen die eine Lebensform oder eine Partnerbeziehung wählen, die von der Kirche nicht gebilligt wird und die deshalb öffentlich als Sünder hingestellt werden.
Hier, das ist mein persönlicher Wunsch, sollte Papst Franziskus korrigierend eingreifen, um jenen „Armen“ die volle Gemeinschaft mit und in unserer Kirche zu ermöglichen.

Liebe Gottesdienstgemeinde, beten wir für unseren neuen Papst Franziskus.
Beten wir darum, das er und seine Ratgeber, mit Hilfe des Heiligen Geistes, die richtigen Antworten auf die Fragen unserer Zeit finden und sich bei ihren Entscheidungen immer wieder darauf besinnen, was Jesus gesagt und wie er gehandelt hätte.
Herr, erneuere Deine Kirche und fange bei mir an!

AMEN

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