Stadthistorie endet vor 1000 Jahren
Närrische Show und geschliffene Reden bei der Prunksitzung des Katholischen Lesevereins
Sturmerprobt und grippetrotzend zelebrierte der Katholische Leseverein einmal mehr ein Pontifikalamt des Frohsinns. Das Sitzungsfinale der altehrwürdigen Gesellschaft hatte es in sich, zumal es den Organisatoren gelang, für eine faustdicke Überraschung zu sorgen.
Die „Lese“ hatte es geschafft, fast die gesamte närrische Elite der Koblenzer Redner in die Bütt zu locken. Dabei legten die Gastgeber die Meßlatte sehr hoch, denn sie schickten mit Dr. Ewald Thul einen Routinier ins Rennen. Der schoß sich auch prompt auf den Torso der Historiensäule und das damit verbundene Ende der Koblenzer Stadtgeschichte vor 1000 Jahren ein. Thul spielte auch auf die Gefahrenabwehrverordnung und die damit verbundene Anleinpflicht für Hunde an. Sein Rat: „Laß sie doch im Freien laufen, ich trete gern in jeden Haufen.“ Der Exkurs in die Weltpolitik endete mit dem Fazit zur Clinton-Affäre: „Die über ihn die Nase rümpfen, waten selbst in tiefen Sümpfen.“
Es war nicht nur der Abend des geschliffenen Vortrags. Die „Flying Bongos“ und die Lieder der Gruppe WAD, die Sieger der Büttparade, sorgten für eine ausgelassene Stimmung in der Gemeinde, die vor allem über die Aktionen der Narrenzunft Gelb-Rot staunten: Die zwölfköpfige Garde glänzte mit schwierigen Hebefiguren, während die Showtanzgruppe in die Welt des Meeres entführte.
Mit einem Blick ins Familienalbum meldete sich „Kapuzemann“ Walter Weiler als armer Teufel zu Wort. Seine Diagnose lautete schlicht und ergreifend: „Die Oma hat ein Porzellansyndrom“ – zu deutsch: Sie hat nicht alle Tassen im Schrank.
Mit den Worten „Ich habe fertig, Flasche leer“ meldete sich noch ein Kesselheimer zu Wort. Büttenas Kurt Mendyka glänzte mit seinem Bericht über den Bau seines Hauses und den mißlungenen Eigenanteil, während Altmeister Karl Rosenbaum die Bemühungen der FDP, die Titanic zu heben, am Herzen lagen. Rosenbaum: „Die suchen nach der Bordkapelle, die spielt auch noch beim Untergang so schön.“ Uschi Leber von den Metternicher Funken Rot-Weiß-Gold plagten da schon realere Probleme: Ihre Hochzeitsnacht fiel aus, Indianerbräuche und defekte Wasserbetten hatten dafür gesorgt. Auch „Felix“ Wladi Elsner beschäftigte sich mit Wasser. Seine Neuigkeit: „Bei der Marine nimmt man nur noch Nichtschwimmer, weil die das Schiff länger verteidigen.“
Den unbestrittenen Höhepunkt der Show setzte Werner Laube als Präsident der fidelen „Lützelländer Duckhusaren“. Denn Sitzungspräsident Michael Hörter war es gelungen, den ehemaligen Redner der Klamauk-Partei noch einmal zu reaktivieren. Laube revanchierte sich mit bissigen Anspielungen auf die Vergreisung des Vereinswesens und den „sozialen Faktor“ des Karnevals. Trotz dieser „Auferstehung“ gelang es Rolli Diell, die gute Stimmung bis zum Schluß zu bewahren. Gerd Kesseler hatte zum Schluß die ehrenvolle Aufgabe, die von Stadtsoldaten und Spielmannszug Arzheim begonnene Show abzurunden. Reinhard Kallenbach
Quelle: RZ-Online Zeitungs-Archiv