Joseph Görres und der Leseverein

Gestalter eines modernen katholischen Geschichtsbildes

Die Bürgerinnen und Bürger vom Rhein-Mosel-Eck wissen ihren Joseph Görres zu schätzen. Neben dem Fürsten Metternich, dem bedeutenden Architekten Münchens Friedrich von Gärtner, dem Mitbegründer des Zentrums  August Reichensperger, dem Naturwissenschaftler Johannes Müller, dem Apotheker Friedrich Mohr und dem Kardinal und Erzbischof von Köln, Philipp Krementz, gehört Görres zu den unvergessenen Koblenzern. 

Man hat ihm zu Ehren 1928 in den Koblenzer Rheinanlagen ein Denkmal errichtet, und natürlich tragen auch eine Straße, ein Platz, der Lesevereinsbau und ein Gymnasium hier seinen Namen.

15 Jahre nach Joseph Görres Tod (1848)  gründete sich 1863 in der Rhein-Mosel-Stadt der Katholische Leseverein. Seine Mitglieder, allen sozialen Schichten entstammend, folgten in vielfältiger Weise diesem Manne, der bis auf den heutigen Tag als Publizist und Gestalter eines modernen, universalen katholischen Geschichtsbildes gilt. 

Zur Erinnerung an ihn schufen die Männer der „Lese“ ihr Vereinshaus und gaben ihm den Namen „Görresbau“. In diesem ansehnlichen Gebäude wurde mehrmals bedeutende Geschichte geschrieben. 1876, zum 100. Geburtstag von Görres, wurde die „Görresgesellschaft zur Pflege der Wissenschaften im katholischen Deutschland“ gegründet. 1948 bis 1951 tagte hier der rheinland-pfälzische Landtag. 1972 wurde der Bau des Lesevereins an die Stadt Koblenz verkauft, die ihn 1980 dem Land Rheinland-Pfalz übereignete. Seitdem ist der Görresbau Domizil des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie.

Joseph Görres wurde 1776 in der Rheinstraße, dort, wo sich heute anstelle des Hotels Riesen-Fürstenhof ein modernes Hochhaus erhebt, geboren. Er war Schüler, Lehrer und später auch Leiter (nach 1799) des einstigen Jesuiten-Gymnasiums.

Dass Görres als Pädagoge auf allen möglichen Gebieten aktiv war, zeigt zu Beginn des

19. Jahrhunderts auch sein Eintreten für das Schulturnen und die Turnerschaft. Darüber schrieb Dr. Hans Bellinghausen u.a.: „Nach Abzug der Franzosen wurde in Koblenz eine Turnanstalt gegründet, die der Pestalozzi-Volksschule angegliedert war. Der Schweizer Lehrer Rossel war der Gründer dieser Anstalt, die die Aufmerksamkeit des ehemaligen Direktors für Öffentlichen Unterricht , Joseph Görres, auf sich lenkte. Görres unterstützte tatkräftig das Turnwesen und ließ sogar einen Sportplatz im Gelände des heutigen Schulhofes des Görres-Gymnasiums anlegen.“

1814 machte er als schreibgewaltiger Journalist Furore mit seinem „Rheinischen Merkur“. Die Zeitung war damals das Sprachrohr als „Fünfte Großmacht“ gegen Napoleon und für eine nationale Demokratie, so Bellinghausen.

Zeitweilig wohnte Görres damals in einem Haus in der Schlossstrasse, in dem später der Liederdichter Max von Schenkendorf lebte und 1817 starb.

Redakteur war Görres kurzfristig (1798) der Zeitung „Das rothe Blatt“ und redigierte vorübergehend auch, von Straßburg aus, die Zeitschrift „Der Katholik“.

Der unbequeme Journalist wurde von der preußischen Regierung aus politischen Gründen verfolgt und musste 1819 nach Bayern fliehen, wo er Professor an der Universität München wurde.

Er und seine Familie fanden nach ihrem Tode ihre letzte Ruhestätte auf dem Südlichen Münchner Friedhof, wo auch noch andere bekannte Koblenzer bestattet sind.

Für die Verbreitung des christlichen Gedankengutes und für die in jenen Jahren erstarkende katholische Kirche wurde er die große symbolische Gestalt.

Wenn Görres auch nach 1819 fern der Heimat in Bayern lebte, so war sein Name doch in Koblenz allgegenwärtig, vor allem im Katholischen Leseverein.

Nicht allzu viele Koblenzer wissen, dass ihr Joseph Görres im Dom zu Köln präsent ist und zwar in Form eines großformatigen Fensters im Bereich Südlanghaus/Südquerhaus. Der Mann war auch vehementer Mahner für den Weiterbau des Kölner Doms. „Das Gedächtnisfenster gilt als eines der bedeutendsten Werke der Glasmalerei des 19. Jahrhunderts“, heißt es dazu in einer Dokumentation des Kölner Domblattes 1981. Das Fenster wurde seiner Zeit von Freunden, darunter zahlreichen Koblenzern gestiftet. Es entstand 1855 bei Ainmiller in München und wurde 1856 im Dom eingesetzt.

Im zweiten Weltkrieg  wurde das Glasgemälde stark beschädigt. 1980 erhielt es seinen angestammten Platz und leuchtet dort nun wieder im alten Glanz als ein wichtiges Denkmal der Kunstgeschichte.

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